Blogbeitrag

Der Weg aus der Anonymität – Spender und Patient begegnen sich

Wenn sich Spender und Empfänger das erste Mal treffen ist es nicht nur die aller schönste Bestätigung für unsere Arbeit, es ist vor allem ein hoch emotionaler Moment für die betroffenen Protagonisten. Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass sich Spender und Empfänger überhaupt treffen können?

07.09.2016

Wenn sich Spender und Empfänger das erste Mal treffen ist es nicht nur die aller schönste Bestätigung für unsere Arbeit, es ist vor allem ein hoch emotionaler Moment für die betroffenen Protagonisten. Der Spender begegnet einen ihm völlig fremden Menschen, vielleicht sogar aus dem Ausland und sieht nun mit eigenen Augen, wem er mit seiner Stammzellspende eine Chance auf Leben geschenkt hat. Der Empfänger trifft auf die Person, der er letztendlich sein Weiterleben verdankt. Die Emotionen, die hier aufeinandertreffen, sind natürlich individuell unterschiedlich in ihrer Ausprägung, aber in den meisten Fällen nachhaltig. Nicht selten entstehen durch diese gemeinsame und tiefgreifende „Erfahrung“ Freundschaften fürs Leben.

v.l. Empfänger Michael Meyer und sein Spender Thomas Baumgartner

Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass sich Spender und Empfänger überhaupt treffen können? Welche „Spielregeln“ sind einzuhalten, bevor sich ein Empfänger bei seinem Lebensretter bedanken kann? Und welche Zeiträume sind dabei zu beachten?

Jeder DKMS Spender kann im Nachgang zu seiner Spende grobe Angaben zu Geschlecht, Alter und Herkunftsland des Empfängers erhalten. Dies erfolgt kurz nach der Spende in einem Telefonat mit dem betreuenden Case-Manager der DKMS. Wenn der Spender möchte, können im Verlauf der nachfolgenden Monate Informationen zum Genesungsverlauf seines Patienten erfragt und nach Erhalt an den Spender weitergeleitet werden. Dies ist erst mehrere Monate nach der Spende möglich, dauert oft bis zu einem Jahr und ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Die Aufnahme eines schriftlichen anonymen Kontaktes direkt ab der Spende ist beiden Seiten ebenfalls möglich, sofern es die Richtlinien des Landes des Empfängers erlauben. Für einen direkten, persönlichen Kontakt ist zu berücksichtigen, dass mindestens zwei Jahre (in einigen Ländern auch mindestens 3 bis 5 Jahre) nach der Stammzelltransplantation die Anonymität von Spender und Patient gewahrt werden muss. Manche Länder hingehen lassen gar keinen direkten Kontakt zu oder schränken auch den anonymen Briefkontakt ein.

v.l. Susi Folkmann McCourt aus Dänemark mit ihrer Spenderin Julia Reisen

Bei der DKMS kümmern wir uns mit meinem Team um die Koordination dieser Kontakte. Wir arbeiten stets an der Optimierung der Betreuung unserer Spender. Da die Regelungen sehr komplex sind und sich je nach Land des Empfängers deutlich unterscheiden, haben wir zur Verbesserung der Betreuung unserer Stammzellspender vor einiger Zeit eingeführt, dass jeder Spender nach erfolgter Spende von uns eine E-Mail erhält, die die für ihn zutreffenden Regeln zusammenfasst. Damit möchten wir dem Stammzellspender eine noch bessere Betreuung und Transparenz der Abläufe bieten.

Voraussetzung für den direkten Kontakt zwischen Spender und Patienten ist natürlich auch, dass beide Parteien damit einverstanden sind und dieses Einverständnis vor Herausgabe von persönlichen Daten in schriftlicher Form dokumentiert ist. Es gibt auch noch Besonderheiten in den Regelungen, so geben zum Beispiel manche Länder vor, dass der Patient die Initiative ergreifen muss. Wenn die Daten dann ausgetauscht wurden, liegt es an der Art der freigegebenen Daten von Spender und Patient, wie sie Kontakt aufbauen: telefonisch, über einen Brief, E-Mail, soziale Medien oder ob beide direkt ein persönliches Treffen wünschen. Meist ist die Arbeit von uns an diesem Punkt getan. Spender und Patient regeln unter sich, wie es für sie weitergeht. Selbstverständlich steht mein Team aber auch hier unterstützend zur Seite, wenn bei Spendern oder Patienten Unsicherheiten bestehen und unsere Erfahrung gefragt ist. Wir freuen uns auch immer sehr darüber, wenn Spender oder Patienten uns im späteren Verlauf berichten, ob ein Treffen stattgefunden hat, wie die Erfahrung war und sich der Kontakt gestaltet.

Wenn Spender und Patient damit einverstanden sind, sich bei ihrer „ersten Begegnung“ von der Presse begleiten zu lassen, um noch mehr Menschen im Kampf gegen Blutkrebs zu motivieren und als Stammzellspender zu gewinnen, ist das Team gerne bereit, dies aufzugreifen und mit den Kollegen der Presseabteilung zu besprechen und ggf. zu organisieren. Dies setzt dann die Bereitschaft beider voraus, sich mit ihrer bewegenden Geschichte auch in die Öffentlichkeit zu begeben zu wollen.

Susi Folkmann McCourt und Julia Reisen stehen der Presse Rede und Antwort

Wenn Spender und Empfänger aus Deutschland kommen, besteht bezüglich der vorgeschriebenen Regeln kein Hindernis, dass sich Spender und Empfänger treffen, sofern beide das möchten. Allerdings haben wir bereits 2016 eingeführt, im Vorfeld keine Fotos zwischen Spendern und Patienten mehr weiter zu leiten. Hintergrund dieser Änderung ist die absolute Priorität, die Anonymität von Spendern und Patienten sicherzustellen. Durch weitergeleitete Fotos und die heutige Nutzung von Social Media und des Internets allgemein, konnten wir die Anonymität nicht mehr zufriedenstellend gewährleisten.

In jedem Fall empfiehlt die DKMS aber, dass sich Spender und Patient schon einmal anonym geschrieben haben, bevor Spender und Patient die Aufhebung der Anonymität anfragen.

Welche Länder den direkten Kontakt zwischen Spender und Empfänger grundsätzlich erlauben, haben wir in einer Übersicht dargestellt:

Die Regelungen ergeben sich zum einen aus den Datenschutzbestimmungen des jeweiligen Landes, den Regelungen des für das Land zuständigen Registers oder den Vorgaben einzelner Transplantationskliniken.

KONTAKT

Ansprechpartner: Dr. Deborah Buk
E-Mail: buk@dkms.de
Tel.: 07071 943-2310

Über Deborah Buk

Dr. Deborah Buk hat an der Universität Hohenheim Ernährungswissenschaft studiert und anschließend ihre Forschung im Bereich Zellbiologie und Biochemie im Rahmen ihrer Doktorarbeit an Interleukin-6-Typ Zytokinrezeptoren fortgesetzt. Nach weiteren 4 Jahren Post-Doc Tätigkeit und Leitung des Labors am Lehrstuhl Biochemie der Ernährung wechselte sie 2009 zur DKMS. Zunächst koordinierte sie in der Workup-Abteilung mit Spendern Stammzellentnahmen und übernahm 2010 die Leitung des damaligen Follow-up Teams, welches heute zu der selbständigen Abteilung Spender-Patienten Kontakte gewachsen ist.

Weitere Möglichkeiten zu helfen
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