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Der Weg des Wattestäbchens – Hinter den Kulissen des DKMS Life Science Lab

2016 erfolgte er bei einem Großteil der über 1 Million neuen Spenderregistrierungen – der Weg des Wattestäbchens vom Wangenabstrich im heimischen Badezimmer bis zum fertigen HLA-Profil im DKMS Life Science Lab in Dresden. Wir haben das Wattestäbchen auf seinem Weg begleitet.

04.01.2017

Es beginnt natürlich mit der Registrierung. Über unsere Website wird ein Registrierungsset bestellt und ein Wangenabstrich per Wattestäbchen durchgeführt. Der Spender gibt anschließend sein Registrierungsset zusammen mit der unterschriebenen Einverständniserklärung in die Post. Es erfolgt der Probeneingang im DKMS Life Science Lab in Dresden. Jeden Tag in der Woche kommen dort viele Tausende Wattestäbchen aus der ganzen Welt per Post oder einem Kurierdienst an. Mitarbeiter des Labs öffnen die Briefe mit den Sets und prüfen den Inhalt mit der enthaltenen Einverständniserklärung. Danach erhält jedes Wattestäbchen eine Position für die Einsortierung in den automatischen Laborprozess.

DKMS Registrierungsset

Im nächsten, vorbereitenden Schritt, kommt es zur Aliquotierung. Die Barcodes jeder Probe werden gescannt und mit der Laborsoftware erfasst. Der Plastikstiel des Wattestäbchens (engl. Buccal Swabs) wird entfernt, und nur der Watteträger in die bereits zugewiesene Position in einen sogenannten Block gelegt. Immer 96 Proben kommen gemeinsam in einen Block – 94 Spenderproben und zwei Kontrollproben. Dieser Arbeitsschritt ist für die weitere automatisierte Bearbeitung notwendig. Proben aus Wagenschleimhautabstrichen und Blutproben werden übrigens getrennt voneinander weiterverarbeitet.

Jetzt kommt der spannende Teil: die DNA-Präparation. Zuerst wird die DNA „herausgelöst“. In die Vertiefungen des Blocks werden „Lösemittel“ gegeben, die die DNA-haltigen Zellen vom Watteträger abtrennen und die DNA selbst aus der Zelle lösen sollen. Danach wird die DNA gereinigt, gespült und von den restlichen Zellbestandteilen getrennt. Dies passiert in mehreren Arbeitsschritten mit moderner Labortechnologie. Dabei wird der Effekt genutzt, dass DNA unter bestimmten Bedingungen mit winzigen magnetischen Kügelchen (Beads) von den restlichen Zellbestandteilen getrennt werden kann. Am Ende dieses Schritts wird die DNA-Konzentration mit ultraviolettem Licht gemessen. Weil DNA das Licht in diesem Wellenlängenbereich absorbiert, kann mit entsprechender Softwareunterstützung die DNA-Menge sekundenschnell bestimmt werden. Das ist wichtig, denn ist die Menge der „reinen DNA“ zu gering, muss beim Spender erneut eine Probe angefordert werden.

DNA-Präparation

Weiter geht es mit der Reformatierung. Je nach DNA-Konzentration werden die DNA-Proben in verschiedene Typisierungsabläufe im Labor eingeschleust. Jede DNA-Probe wird in eine vordefinierte Vertiefung („Well“) auf eine Platte mit 384 Positionen pipetiert. Nach Beendigung aller Arbeitsschritte werden diese Platten mit dem DNA-Restmaterial für eventuell spätere Rückfragen dauerhaft bei minus 20 Grad Celsius eingelagert. Im nächsten Schritt erfolgt die Polymerase-Kettenreaktion, bei der aus jeder Vertiefung der 384er-Platte kleine DNA-Mengen entnommen und auf einen Chip gegeben werden. Dort befinden sich winzige Kanäle, in denen die DNA mit verschiedenen Lösungen, die Primer und Enzyme enthalten, in Verbindung gebracht wird. Diese bringen bestimmte molekularbiologische Prozesse in der Reaktionskammer des Chips in Gang. Dabei werden die für die Spendermerkmale relevanten DNA-Stücke herausgetrennt und vervielfältigt. Diesen Vorgang nennt der Fachmann Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Vereinfacht ausgedrückt wird an jede Probe zusätzlich ein Stück künstliche DNA angehangen, über die man jedes DNA-Stück einem Spender eindeutig zuordnen kann. Der DNA-Barcode stellt sicher, in welchem Arbeitsschritt sich die Spenderprobe befindet.

Beim Pooling wird gemischt: Musste bisher streng darauf geachtet werden, dass sich die verschiedenen Spenderproben nicht vermischen, können nun dank des DNA-Barcodes alle 96 Proben einer Chiphälfte miteinander vermischt und zusammen in eine kleine Vertiefung der schon bekannten 96er-Well-Platte pipettiert werden. So können in den nächsten Arbeitsschritten deutlich mehr Spender bearbeitet werden. Pro Woche werden so bis zu 30.000 Spender im Labor typisiert.

Pooling

Was natürlich nicht fehlen darf ist die Qualitätskontrolle. Die Qualitätsbestimmung der Produkte aus der Polymerase-Kettenreaktion wird mit Realtime-PCR durchgeführt. Man kann also beim „Anwachsen“ der Kopienzahl quasi zuschauen. Die Sequenzierung ist der wichtigste Schritt auf dem Weg des Wattestäbchens. Hier erfolgt die Vereinigung von rund 50 einzelner Pools für den entscheidenden Durchlauf im Hochleistungs-Sequenzierer. Der sogenannte HiSeq ist das technologische Herzstück des DKMS Life Science Labs. Rund 5.000 Spenderproben werden hier innerhalb von drei Tagen für je neun Genorte gemeinsam sequenziert. Der kleine Bruder des HiSeq, ein MiSeq-Sequenzierer, benötigt für 800 Proben ca. zwei Tage. Am Ende wird nur eine kleine Glasplatte, die „Flowcell“, auf der die Sequenzierreaktion stattfindet, in das Sequenziergerät gegeben. Hier wird dann die genaue Abfolge der DNA-Bausteine aufgezeichnet und es beginnt die 10 Auswertung der Daten. Sowohl der HiSeq als auch der MiSeq liefern Rohdaten, die mit einer Spezialsoftware in die endgültigen Typisierungsergebnisse umgewandelt werden. Dabei werden sie anhand des DNA-Barcodes der entsprechenden Spenderprobe im System zugeordnet. Die Typisierungsergebnisse werden durch Spezialisten geprüft und freigegeben. Bei auftretenden Unklarheiten wird eine Wiederholung eines, mehrerer oder aller Ergebnisse einer Probe angefordert.

HiSeq 2500 Hochleistungs-Sequenzierer

Der letzte Schritte auf diesem Weg ist die Übermittlung der Ergebnisse. Diese erfolgt automatisch per Datenbankschnittstelle zur DKMS nach Tübingen. Von dort werden die Befunde an das Zentrale Kochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm sowie an das National Marrow Donor Program (NMDP) in den USA übermittelt. Ab diesem Zeitpunkt steht der neue DKMS-Spender dem weltweiten Suchlauf für Blutkrebspatienten zur Verfügung.

Jeder Spender erhält die DKMS Spendercard

Weitere Infos zum DKMS Life Science Lab finden Sie auf dkms-lab.de

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