Auch wenn die DKMS 1991 in Deutschland gegründet wurde, sind wir als Organisation längst international aktiv. Doch weltweit zu unterstützen, ist nur möglich, wenn alle Partner gemeinsam gegen die Krankheit kämpfen. Die Geschichte von Abdullah aus dem Jemen ist ein tolles Beispiel dafür.
Die Aussage „Kein Weg zu weit“ fasst wohl am besten zusammen, was die im Jemen lebende Familie Talal auf sich nehmen musste, um ihren Sohn von einer schweren Krankheit zu heilen. Auf der einen Seite ist es dem unermüdlichen Einsatz des Vaters zu verdanken, dass Abdullah wieder lächeln kann. Auf der anderen Seite den vielen weiteren Beteiligten, die dafür gesorgt haben, dass der Junge die benötigte Transplantation bekommen hat.
Ein Blick zurück: Von 2006 bis 2008 hatte Abdullahs Vater, Ammar Talal, in Hyderabad (Indien) Informatik studiert und war nach Beendigung des Studiums als IT-Fachmann nach Sanaa im Jemen zurückgekehrt. Nachdem er und seine Frau Marwha geheiratet hatten, bekamen die beiden im August 2008 ein kleines gesundes Mädchen, Aya. Ende Oktober 2012 folgte mit Abdullah das zweite Baby: Doch der kleine Abdullah litt nach den ersten vier Monaten plötzlich an Blutungen und hohem Fieber. Zwar wurde er durch Bluttransfusionen und Antiobiotika kurzzeitig gesund, die Symptome traten innerhalb von drei Monaten jedoch immer wieder auf.
Abdullah musste mit blutigem Durchfall und Hautausschlag kämpfen, zudem wurden die Blutungen immer schlimmer. Ammar Talal konnte nicht länger zusehen, wie sein zweites Baby litt, und suchte nach Ärzten, die seinen Sohn heilen sollten. Doch in seiner Heimat Jemen konnte er so jemanden nicht finden. Durch seinen früheren Aufenthalt in Indien kam er so auf eine Klinik im indischen Pune, wo Spezialisten Abdullah genauer unter die Lupe nahmen und einen seltenen genetischen Defekt der Stammzellen feststellten, die sein Immunsystem schwächten: das Wiskott-Aldrich-Syndrom.
Diese lebensbedrohliche Krankheit wird u. a. durch eine zu niedrige Anzahl und zu geringe Größe der Bluttplättchen ausgelöst, sodass es zu unkontrollierten Blutungen und Ekzemen kommt. Durch die beschädigten Immunzellen können Infektionen nicht mehr bekämpft werden. Die einzige Heilungschance dieser seltenen Krankheit besteht darin, gesunde Stammzellen aus dem Knochenmark transplantiert zu bekommen. Da die Gewebemerkmale der Schwester nicht mit denen Abdullahs übereinstimmen, wurde über die DKMS der internationale Suchlauf nach einem passenden Fremdspender eingeleitet. Und tatsächlich konnte ein potenzieller Lebensretter gefunden werden! Dabei handelt es sich um einen Spender der DKMS in UK.
Doch eine Transplantation ist teuer und nicht überall auf der Welt übernimmt die Krankenkasse des Patienten die Kosten dafür. Zudem hat nicht jede Klinik das Personal und die Kapazitäten, um eine Transplantation durchzuführen. Also begab sich Abdullahs Vater im Internet auf die Suche nach Unterstützung. Wer würde ihn finanziell unterstützen und welche Klinik würde seinen kranken Sohn behandeln? So schrieb er die Wiskott-Aldrich-Stiftung in North Carolina (USA) an und bekam von dort den Tipp, Dr. Mammen Chandy zu kontaktieren, der in Kalkutta (Indien) Leiter des Tata Medical Centers ist. Dr. Chandy willigte ein, die Transplantation für Abdullah durchzuführen.
Damit die Behandlung nicht am Geld scheitern sollte, setzten sich alle Beteiligten dafür ein, Kosten zu übernehmen. Die Wiskott-Aldrich-Stiftung unterstützte finanziell und die DKMS verzichtete auf die Kostenpauschale, die üblicherweise für die Vermittlung der Stammzellen sowie die gesamte Logistik in Rechnung gestellt wird. Die Firma Time:Matters sorgte für den kostenlosen Transport des Transplantats. Den Großteil der Kosten für die Transplantation übernahm das „Red Crescent“ (Roter Halbmond) in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dank der finanziellen Hilfe aller Beteiligten konnte Abdullah schließlich im November 2016 mit den Stammzellen des DKMS-Spenders transplantiert werden. Abdullah blieb auch anschließend zur Nachbehandlung in Kalkutta und mittlerweile geht es ihm glücklicherweise viel besser.
Die Stammzellproduktion funktioniert wieder und die Anzahl und Größe der Blutplättchen bewegt sich im optimalen Bereich. „So wie es aussieht, kann Abdullah wieder ein ganz normales Leben führen“, erklärt Dr. Chandy. „Das Risiko, wieder an Blutungen und Infektionen zu erkranken, tendiert gen null.“
Die Geschichte von Abdullah zeigt, wie wichtig das internationale Zusammenspiel ist, um letztendlich eine Therapie und Transplantation zu ermöglichen. Nur durch den Einsatz der Eltern und der genannten Organisationen sowie des Stammzellspenders konnte dem Jungen letztendlich geholfen werden. Denn der Kampf gegen Blutkrebs kennt keine Grenzen!