Wenige Monate später erhalten Masals Eltern die erlösende Nachricht: Ein passendes Match wurde in der DKMS Datei gefunden. Lisa, Notfallsanitäterin aus Baden-Württemberg. Gesund und heute sechs Jahre alt, trafen Masal und ihre Familie dieses Jahr ihre Lebensretterin Lisa, die mit ihrer Partnerin Michaela ein ganzes Wochenende im Ruhrgebiet verbrachte und eine kleine Freundin und Schwester dazugewonnen hat.
Die 32-Jährige, die in Uhingen im Kreis Göppingen lebt, entschied sich bereits 2016 für die Registrierung. Mehrfach war ihr die DKMS über Social Media begegnet. „Die Registrierung ist eine kurze, einfache Sache, wo ich etwas tun kann. Warum also nicht“, dachte sich Lisa.
Als sie fünf Jahre später von der DKMS für eine Spende angefragt wird, steht sie kurz vor ihrem Examen als Notfallsanitäterin. Deshalb nicht zu spenden kommt für sie nicht in den Sinn, vielmehr macht sie sich Gedanken um die betroffene Person.
Auch als sie gefragt wird, ob sie unter Vollnarkose Knochenmark spenden würde, willigt sie ein. „Ich habe ja nichts, was dagegen spricht, es nicht zu tun.“ Ihre Gedanken sind dabei weiterhin bei der Empfängerperson. Angst vor der Knochenmarkentnahme hat Lisa nicht. Nach der OP, die heutzutage nur noch in etwa zehn Prozent der Fälle notwendig ist, hat sie keine großen Schmerzen: „Es war absolut aushaltbar.“
Im gesamten Spendeprozess fühlt sie sich gut aufgeklärt, begleitet und betreut. Als sie dann erfährt, dass ihre Spende einem Kind zugutekommt, freut sie sich besonders. „Ein Kind sollte Kind sein dürfen und sich nicht mit so einer schlimmen Krankheit auseinandersetzen müssen“, findet Lisa. Symbolisch lässt sie sich nach der Spende eine Sanduhr auf den Unterarm tätowieren – als Zeichen dafür, dass sie einem Kind wertvolle Zeit schenken konnte.
Zunächst findet ein anonymer Briefkontakt statt. Masals Eltern bedanken sich bei Lisa und geben Updates zu Masals Genesung. Nach zwei Jahren tauschen beide Seiten ihre Adressen aus. Die Familie möchte Lisa persönlich kennenlernen – und auch Lisa freut sich, zu erfahren, wer hinter ihrer kleinen Empfängerin steckt.
Im Frühjahr 2025 folgt Lisa der Einladung von Masals Familie. Zuvor hatte sie sich mit Masals Mutter Zilfi über WhatsApp ausgetauscht und viel über Masals Geschichte erfahren. Bei der Ankunft stehen schon alle Familienmitglieder mit Masal vor der Tür und schließen Lisa herzlich in die Arme. „Das war eine außerordentliche Gastfreundlichkeit, die mir und meiner Partnerin entgegengebracht wurde“, so Lisa.
Masal sucht immer ihre Nähe, will ihrer Retterin alles zeigen, mit ihr spielen, schaukeln, radfahren und herumtoben. Immer wieder drückt die Familie ihren Dank aus und verwöhnt Lisa und Michaela mit türkischen Köstlichkeiten. „Vor allem, als die Mutter immer wieder betonte, dass ich jetzt immer ein Zuhause bei ihrer Familie habe, war das sehr überwältigend“, sagt Lisa.
Für Lisa fühlt sich das Treffen zunächst etwas fremd an – und dann doch wieder nicht, weil sie sofort so herzlich aufgenommen wurde. „Ich fand es schön, die Kleine kennenzulernen und vor allem zu sehen, dass sie gesund ist. Auch die kulturellen Einblicke und die warmherzige Aufnahme waren überwältigend.“
Aktuell ist Lisa mit ihrem Beruf und dem Studium sehr ausgelastet, ist sich aber sicher, dass es ein baldiges Wiedersehen geben wird. Vielleicht auch in Baden-Württemberg, um Masal und ihren Eltern einmal ihre Heimat zu zeigen. Seit 2024 studiert Lisa berufsbegleitend „Physician Assistance“, um Ärzt:innen bei der Notfallversorgung zu unterstützen.
Aus der Aktion für Masal sind bis heute bereits sechs Spenden hervorgegangen – sechs Lebenschancen für Blutkrebspatient:innen weltweit.
„Lisa ist unser Engel. Sie ist ein ganz toller, lieber Mensch. Wir sind so froh und dankbar, dass sie sich für die Knochenmarkspende bereit erklärt hat, die für unsere Tochter aufgrund ihrer aggressiven Leukämie angefordert wurde. Zwischen Masal und Lisa gibt es eine ganz besondere Verbindung“, sagt Masals Mutter Zilfi. Zu Weihnachten wird die Familie mit „ihrem Engel“ auf jeden Fall videotelefonieren.




