Patientengeschichten

Janas Weg zurück ins Leben

Jana ist glücklich. Sie darf zur Schule gehen, ihre Freunde treffen, einmal pro Woche reiten. So oft wie möglich ist sie draußen, eine echte Pfadfinderin eben. Dank einer Stammzellspende darf Jana weiterleben und sich auf Weihnachten freuen.

16.12.2020

„Es ist eine absolute Erfolgsstory“, freut sich Janas Mutter Tanja Pohl beim Telefonat mit der DKMS. „Jana ist quietschfidel und lebendig.“ Ganz anders als zur Weihnachtszeit im vergangenen Jahr. Da ist Jana ungewöhnlich blass, teilnahmslos, spürbar krank. Sie hustet viel. Die Mutter fährt deshalb am zweiten Weihnachtstag mit Jana in die Notfallpraxis, doch die Ärzte sind zunächst unbesorgt. Einen Tag darauf sind die Pohls wieder in der Praxis und werden mit Verdacht auf eine schwere Entzündung in eine Kinderklinik überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt kann Jana nicht mehr alleine laufen und schreit vor Schmerzen.

Jana im Krankenhaus

„Gegen 17 Uhr kam die Diagnose Leukämie“, erzählt die Mutter. „Das geht nicht“, habe sie zu dem Arzt gesagt. „Mein Mann hat schon Krebs.“ Es ist der zweite Tiefschlag für die vierköpfige Familie aus Münstertal im Schwarzwald. Erst zwei Monate zuvor hat Familienvater Bert ebenfalls eine Krebsdiagnose erhalten. Als er erfährt, wie krank seine Tochter ist, leidet er selbst schon unter den starken Nebenwirkungen der Behandlung.

Zwei Stunden nach ihrer Diagnose erhält Jana die erste Chemotherapie auf der Intensivstation. Wenige Tage später wird sie ins künstliche Koma versetzt, leidet an Organversagen. Während Mama Tanja bei ihr bleibt, liegt Papa Bert zur Weiterbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Janas 12-jähriger Bruder Finn ist derweil bei Freunden untergebracht.

Als Jana aus dem Koma erwacht, geht es langsam aufwärts. Die Chemotherapien schlagen gut an. Derweil kann sich die Familie kaum vor Hilfsangeboten von Familie und Freunden retten. „So viel Dreck können wir gar nicht machen, wie liebe Menschen angeboten haben, bei uns zu putzen und zu bügeln“, berichtet Tanja Pohl schmunzelnd. Gemeinsam mit der DKMS organisieren zahlreiche Helfer aus dem Umfeld der Familie derweil eine Registrierungsaktion in Janas Namen. Denn inzwischen steht fest, dass eine Stammzellspende ihre einzige Überlebenschance ist.

„Freunde, Familie, die Pfadfinder, die Feuerwehr, der Schützenverein, der Tennis- und der Skiclub und viele andere – sie alle haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Aktion zu organisieren“, berichtet die 47-Jährige. „Es war der Wahnsinn.“ Der Oberbürgermeister von Freiburg ruft zur Teilnahme an der Registrierungsaktion auf, es gibt Anzeigen in der Lokalzeitung, an jedem Kreisverkehr in der Umgebung hängt Janas Bild. Ein Bekannter richtet die Instagram-Seite „wir_alle_fuer_jana“ ein, auf der zahlreiche Münstertäler Videos mit Registrierungsaufrufen posten. „Der Zusammenhalt in unserem Dorf war unglaublich, das hat uns allen enorm viel Kraft und Mut gegeben.“

Wir alle für Jana

Während des Telefonats der Mutter mit der DKMS kommt immer mal wieder eine Stimme aus dem Hintergrund. „Moment, Jana wedelt hier wild mit den Armen“, sagt die Mutter stirnrunzelnd und legt kurz den Hörer nieder. „Ich soll der DKMS danke sagen. Vielen, vielen Dank“, sagt sie kurz darauf.

Ende Februar findet die Registrierungsaktion in Janas Namen in Staufen statt. Knapp 1.000 Menschen lassen sich dabei als Stammzellspender registrieren. Es ist eine der letzten Vor-Ort-Aktionen der DKMS vor dem ersten Corona-Lockdown.

Mitte April wird Jana transplantiert. Ab diesem Zeitpunkt geht es gesundheitlich zügig bergauf. An Tag 15 nach der Transplantation schreibt die Mutter in ihr Tagebuch: „Jana hat den Mount Everest geschafft.“ Sie darf für eine Stunde ihr Krankenzimmer verlassen und den Bruder sehen, eine große Freude für beide Kinder.

Im Mai ist ein weiterer Meilenstein geschafft: „Tag 36. Wir dürfen nach Hause“, steht im Tagebuch. „Wir waren total im Glück“, sagt die Mutter.

Kürzlich ist Jana 10 Jahre alt geworden. „Sie hat den ganzen Tag gefeiert“, verrät Tanja. Patentanten und Großeltern kamen Corona-konform über den Tag verteilt zu Besuch. Seit Anfang November geht Jana wieder zur Schule und findet es großartig. „Jana ist lebensfroh, macht Pläne, ist immer positiv.“ Ihren Optimismus habe sie auch in der langen Krankenhauszeit nicht verloren und sogar in ihrem Krankenzimmer getanzt. „Mama, diese Augen möchte ich nicht sehen“, habe sie zu ihrer Mutter gesagt, wenn diese die Tränen doch einmal nicht zurückhalten konnte.

Jana reitet gerne aus

Jana brauche auch heute noch etwas mehr Pausen als früher, erzählt die Mutter. Dann merke man die lange Behandlung und die vielen Medikamente. Dennoch: Ein gutes halbes Jahr nach ihrer Stammzelltransplantation steht die quirlige Grundschülerin fast wieder voll im Leben. Kürzlich hat die Familie ein Lagerfeuer gemacht, bei Sonnenuntergang auf einem Berg in der Nähe. Das war ganz nach Janas Geschmack. Und auch ihrem Papa geht es deutlich besser. Er befindet sich aktuell in der beruflichen Wiedereingliederung, macht wieder Sport.

Tanja Pohl freut sich auf ein glückliches, sorgenfreies Weihnachtsfest. Denn trotz der Pandemie ist die Lebenssituation der Münstertaler Familie so viel hoffnungsfroher als noch vor einem Jahr. Tanja kann den Corona-Beschränkungen sogar etwas Gutes abgewinnen: Dadurch, dass einige Freizeitaktivitäten aktuell nicht erlaubt sind, findet die Familie etwas mehr Pausen und Ruhe als sonst. Nach den beiden schlimmen Diagnosen im Jahr 2019 und dem erfolgreichen Kampf gegen den Krebs in 2020 blicken die Pohls jetzt nach vorn – in ein hoffentlich gesundes, glückliches 2021.

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