Spendergeschichten

Kanadischer Minister trifft seinen deutschen Lebensretter

Eine zweite Lebenschance erhielt Dominic LeBlanc, Minister aus Kanada, von Jonathan Kehl, seinem Spender aus dem hessischen Bad Hersfeld. Und es hat funktioniert. Kürzlich haben die beiden sich persönlich in Kanada getroffen. Ein ganz besonderer Moment. Für beide.

„Wir sind uns in die Arme gefallen, und da war direkt eine Verbindung zwischen uns. Es fühlte sich an, als ob wir uns schon ewig kennen würden.“ So beschreibt Jonathan das erste persönliche Kennenlernen mit Dominic LeBlanc in Ottawa, der Hauptstadt Kanadas. Ab diesem Moment verbrachten beide viel Zeit miteinander.

„Es erfüllt mich mit großem Glück. Und ich bin wahnsinnig froh, dass es ihm gut geht. Ihn endlich auch live gesehen zu sehen haben, ist einfach nur schön“, sagt er.

Er lernte Dominics Heimat und natürlich seine Familie, Arbeitskollegen und Freunde kennen. Einer von ihnen ist Justin Trudeau, der kanadische Regierungschef, in dessen Kabinett Dominic LeBlanc als Minister für Intergovernmental Affairs, Infrastructure and Communities Mitglied ist. „Wir haben uns über meine Spende unterhalten und er hat sich sehr herzlich bei mir dafür bedankt.“

Auch weitere Mitglieder des Kabinetts lernte er kennen. „Es war einfach spannend, sie zu treffen. Alle waren sehr herzlich und haben sich sehr gefreut, dass es mit dem persönlichen Kennenlernen endlich geklappt hat.“

DIAGNOSE NON-HODGKIN-LYMPHOM

Dass die beiden das erleben konnten, hat eine lange Vorgeschichte. Im Jahr 2019 hatte der Politiker die Diagnose Non-Hodgkin-Lymphom erhalten und musste sein Regierungsamt vorübergehend ruhen lassen. Irgendwann war klar, dass er auf eine Stammzellspende angewiesen ist und der weltweite Suchlauf wurde gestartet.

Dominic LeBlanc beschreibt den Moment, als er die lebensrettenden Stammzellen erhielt, so: „Der Hämatologe, der auf der Station im Krankenhaus arbeitete, kam ins Zimmer und sagte: „Willkommen zu Ihrem zweiten Geburtstag. Und ich werde den Augenblick nie vergessen, als die Krankenschwester ins Zimmer kam und mir den Beutel mit den Stammzellen zeigte. Sie legte mir die Infusion – den Beutel mit den Stammzellen –, und sagte, es würde zwei Stunden dauern“, berichtet er. „Die Ärztin sagte mir, ich solle Musik hören und mich einfach ausruhen, denn in diesen zwei Stunden würde ich 570.000.000 Stammzellen bekommen – das war die Zellzahl, die sie im Krankenhaus vorbereitet hatten – und damit eine zweite Lebenschance erhalten. Ohne diese Chance wäre alles vor drei Jahren zu Ende gewesen.“

MIT 19 JAHREN LEBENSRETTER

Der Spender dieser Stammzellen war mit Jonathan Kehl ein Student aus Bad Hersfeld in Hessen, der sich erst zwei Jahre zuvor als 17-Jähriger in die DKMS aufnehmen ließ.

Anlass war damals eine Registrierungsaktion, die an seiner Schule, der Modellschule Obersberg, angeboten wurde. Im Sommer 2019 erhielt er dann eine Nachricht, die sein Leben nachhaltig verändern sollte: Er kam als Stammzellspender für einen Patienten oder eine Patientin in Frage. „Ich habe keine Sekunde gezögert, für mich war es selbstverständlich, zu helfen“, erinnert sich Jonathan.

Es folgten Voruntersuchungen, ein umfassender medizinischer Check sowie die eigentliche Stammzellentnahme. In 90 Prozent der Fälle werden aktuell die benötigten Stammzellen aus der Blutbahn entnommen. „Ich wurde an eine Maschine angeschlossen und die Stammzellen aus meinem Blut gefiltert“, sagt Jonathan. „Die Spende selber hat etwa fünf Stunden gedauert und ich habe mich danach schnell wieder fit gefühlt.“

Kurz nach der Spende erfuhr er, dass seine Stammzellen zu einem Mann nach Kanada gebracht worden sind. „Ich habe ihm unbekannterweise die Daumen gedrückt und gehofft, dass ich ihm helfen und ihn irgendwann vielleicht einmal kennenlernen kann.“ Nach zwei Jahren Anonymitätsfrist ist dies in vielen Ländern möglich, so auch in Kanada.

Im Herbst 2021 erreichte Jonathan ein Schreiben aus Kanada, in dem sich Dominic LeBlanc bei ihm bedankte – auf Deutsch. Er hatte den Text dazu extra übersetzen lassen. „Ich schickte ihm die englische und die deutsche Version. Und dann schrieb er mir ein paar Tage später eine sehr, sehr nette Antwort auf meine Nachricht. Er sagte, wie dankbar er sei, zu erfahren, dass es mir gut gehe. Er sagte mir, dass er Englisch lernt, seit er neun oder zehn Jahre alt ist und ich unsere Korrespondenz nicht übersetzen lassen muss.“

Einige Zeit später lernten sie sich über Zoom virtuell kennen und stehen seither in engem Austausch. „Er hat von sich erzählt, ich von mir. Ich saß in meinem Zimmer, er in seinem Büro in Ottawa. Und er hat mich nach Kanada eingeladen“, sagt Jonathan.

Ein weiteres Jahr später war es endlich so weit: Jonathan flog nach Kanada. Inzwischen 23 Jahre alt, erlebte er viel Offenheit, Herzlichkeit und Dankbarkeit. „Ich wurde von allen mit offenen Armen empfangen, ich fühlte mich überhaupt nicht fremd. Sie haben für mich gekocht, und wir haben uns gegenseitig von unseren Familien erzählt.“ Und natürlich hat Jonathan eine Einladung nach Bad Hersfeld ausgesprochen.

100 PROZENT HILFSBEREIT

Als Lebensretter ist es ihm heute ein wichtiges Anliegen, auf die Arbeit der DKMS aufmerksam zu machen und Menschen zur Registrierung zu motivieren. „Die Stammzellspende ist das Beste, was ich je gemacht habe, und ich würde es immer wieder tun. Ich kann nur jeden dazu ermutigen, sich registrieren zu lassen und vielleicht schon bald ebenfalls jemandem zu helfen ", sagt Jonathan.

„Ich kann nur sagen: Die Tatsache, dass ich heute hier bei Ihnen sitze, beweist, dass Stammzellspenden funktionieren. Es war also dank einer Stammzellentransplantation, dass ich eine Krankheit überstehen konnte, die sonst zu meinem Tod im Alter von 51 Jahren geführt hätte. Und es ist auch dank der Großzügigkeit der Deutschen, die diese Datenbank aufgebaut und Partnerkrankenhäusern auf der ganzen Welt zur Verfügung gestellt haben, dass ich heute am Leben bin“, ergänzt Dominic LeBlanc. „Und auf der persönlichen Ebene konnte ich dank dieser großzügigen Geste Jonathan kennenlernen und Zeit mit ihm verbringen. Wir haben eine Verbindung, die für den Rest unseres Lebens Bestand haben wird. Es kann also das Leben von Menschen verändern. Es kann das Leben von Menschen retten. Dass ich diese Erfahrung machen durfte, den Spender kennenzulernen, mich auf den Besuch in Deutschland zu freuen, seine Familie kennenzulernen, die Stadt zu sehen, in der er lebt – all das hat mir eine ganz neue Perspektive und eine Verbindung zu Ihrem wunderbaren Land und den wunderbaren Menschen gegeben, die dort leben und sich so großzügig für die ganze Welt einsetzen. Ich bin einfach unendlich dankbar.“

Die Registrierung bei der DKMS ist zu 100 Prozent eine gute Sache und kinderleicht: Einfach ein Wattestäbchen-Set unter www.dkms.de bestellen, den Abstrich durchführen, Einwilligungserklärung ausfüllen und alles an die DKMS zurücksenden. Fertig!

Weitere Möglichkeiten zu helfen
Du kannst die DKMS auf vielfältige Weise unterstützen und damit vielen Blutkrebspatient:innen neue Hoffnung auf Leben geben.