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Mechtild Harf Research Grants an zwei junge Forscher vergeben

Wir unterstützen den medizinisch-wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet der Blutkrebsforschung, weil wir uns in Zukunft viele neue Erkenntnisse versprechen, die uns voranbringen. Aus diesem Grund vergibt die DKMS Stiftung Leben Spenden seit 2015 jedes Jahr die Mechtild Harf Research Grants.

05.07.2017

Mit dem Mechtild Harf gewidmeten Forschungsprogramm wollen wir jungen Wissenschaftlern die Möglichkeit geben, Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der hämatopoetischen Stammzelltransplantation oder zellulärer Therapien gegen Blutkrebs zu realisieren. Hintergrund ist das bessere Verständnis von Komplikationen und therapeutischen Strategien im Kontext von Stammzelltransplantationen und/oder zellulären Therapien von Blutkrebserkrankungen. Dabei soll der Fokus der Forschungsprojekte auf klinischen Studien oder auf Grundlagenforschung liegen.

In diesem Jahr wurden zwei Stipendiaten ausgewählt: Priv.-Doz. Hendrik Poeck vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und Priv.-Doz. Frederik Damm vom Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin. Ihre Forschungsprojekte möchten wir heute vorstellen.

"Forschungsprojekt beschäftigt sich mit intestinalen Stammzellen zum Schutz vor GvHD" – Priv.-Doz. Med. Hendrik Poeck

Um seine Forschung zum Schutz von Patienten vor einer Graft-versus-Host Disease (GvHD) infolge einer Stammzelltransplantation zu unterstützen, ist Priv.-Doz. Hendrik Poeck vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München mit einem Stipendium im Rahmen der Mechtild Harf Research Grants 2017 ausgezeichnet worden. Ein Fokus des Forschungsprojektes ist es, die Rolle von intestinalen (Darm-) Stammzellen und Paneth Zellen in Hinblick auf eine Strategie zum Schutz vor GvHD zu untersuchen.

Zum Hintergrund: Die Innenseiten von Magen und Darm (gastrointestinal) sind die vorderste Verteidigungslinie beim Schutz vor mikrobiellen Infektionen (zum Beispiel durch Bakterien). Sie werden durch eine Zellschicht, Epithel genannt, geschützt. Dieser Schutz wird durch bestimmte Zellen gewährleistet: einerseits durch intestinale (Darm-) Stammzellen, welche die Regeneration von zerstörten Zellen ermöglichen, und andererseits den Paneth Zellen für die Produktion von antimikrobiellen Proteinen.

v.l. Prof. Johannes Schetelig, Leiter der DKMS Clinical Trials Unit, und Priv.-Doz. Med. Hendrik Poeck bei der Verleihung des Stipendiums am Rande des EBMT Kongresses 2017 in Marseille

Durch die Radio-/Chemotherapie als auch durch die körperfremden Zellen nach einer Stammzellspende kann es beim Patienten zur Schädigung der Darmzellen kommen. Die Schleimhautbarriere im Magen-Darm Trakt wird angegriffen, wodurch Entzündungen entstehen und/oder Mikroorganismen tiefer in die Magen- und Darmwand eindringen können. Unter diesen Bedingungen wird die Entstehung der Transplantat-gegen-Wirt Reaktion (englisch: Graft-versus-Host Disease, GvHD) begünstigt. Die im Transplantat enthaltenen weißen Blutzellen des Spenders reagieren dabei gegen den Organismus des Patienten, was eine große gesundheitliche Bedrohung darstellen kann.

Um vor der Entstehung einer GvHD zu schützen, wird in diesem Forschungsprojekt eine mögliche Strategie untersucht, welche die intestinalen (Darm-)Stammzellen und Paneth Zellen im Patienten von Anfang an schützen soll.

In diesem Zusammenhang spielen besondere Proteine, sogenannte Interferone, eine entscheidende Rolle. Diese Interferone vom Typ I werden auch von Paneth Zellen im Darm produziert und stimulieren das Immunsystem, insbesondere gegen Viren und Tumore. Jedoch ist der genaue biologische Zusammenhang, der zu diesem wichtigen Schutzmechanismus führt, noch nicht vollständig verstanden. Es ist bekannt, dass die Produktion der Interferone als Antwort auf eine Infektion durch einen Signalweg reguliert wird. Dies bedeutet, dass ein Signal über mehrere Stationen weitergeleitet wird, wobei sich die Intensität des Signals verstärken kann. Ein Reiz außerhalb der Zelle wird wahrgenommen, umgewandelt, in das Zellinnere weitergeleitet und in einen Effekt (besser gesagt: eine Antwort oder Reaktion der Zelle) übersetzt.

Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, diesen Signalweg (dem RIG-I-MVAS Signalweg) in den intestinalen Stammzellen und Paneth Zellen bei Patienten während einer Radio-/Chemotherapie und nach einer Stammzelltransplantation sowie dessen Funktion besser zu verstehen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, Therapien abzuleiten, um die gastrointestinale Schleimhautbarriere zu erhalten und den Patienten vor der Entstehung einer GvHD zu schützen.

"Forschung untersucht den Einfluss mutierter Spenderzellen auf den Ausgang einer allogenen Stammzelltransplantation" – Priv.-Doz. Med. Frederik Damm

Im Rahmen der Mechtild Harf Research Grants 2017 ist Priv.-Doz. Frederik Damm vom Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin mit einem Stipendium für seine Forschung bezüglich des Einflusses mutierter Spender-Blutzellen auf den Ausgang einer allogenen Stammzelltransplantation ausgezeichnet worden.

Die Blutbildung (Hämatopoese) ist ein komplexer biologischer Prozess, der zum größten Teil im Knochenmark stattfindet. Aus diesem Prozess entstehen alle lebenswichtigen Blutzellen (rote Blutzellen, weiße Blutzellen, Blutplättchen u.a.). Blutzellen werden aus den sogenannten blutbildenden Stammzellen gebildet. Kommt es in diesen Zellen zu einer zufälligen Änderung im Erbgut (Mutation), kann die Aktivität eines oder mehrerer Gene verändert werden. Diese eine mutierte Zelle (Klon) kann sich vermehren und eine eigene Zellpopulation bilden. Diese Mutation wird als erworbene (somatische) Mutation bezeichnet. Dieser Klon kann andere Zellpopulationen im Blut verdrängen. Solche Mutationen, die zu einer sogenannten klonalen Hämatopoese führen, treten mit steigendem Lebensalter immer häufiger auf. Sie sind bei etwa 15% aller Personen über 60 Jahren nachgewiesen. Damit handelt es sich um ein relativ häufig vorkommendes Phänomen bei gesunden Menschen im erhöhten Alter. Die klinischen Konsequenzen (wie groß ist der tatsächliche Einfluss auf die Entstehung einer Erkrankung) können bisher nicht eindeutig ermittelt werden. Mit der Hypothese der klonalen Hämatopoese muss somit zum jetzigen Zeitpunkt achtsam umgegangen werden.

Priv.-Doz. Frederik Damm beim MKFZ – und BSIO-Symposium; Foto: BSIO

Im Kontext von hämatopoetischen Stammzelltransplantationen ist bisher noch unklar, ob das Vorhandensein einer Mutation in den hämatopoetischen Stammzellen des Spenders Auswirkungen auf den Patienten haben kann. Einige der Mutationen haben Einfluss auf bestimmte Merkmale der hämatopoetischen Stammzellen, wie zum Beispiel die erhöhte Selbsterneuerung der Stammzellen. Diese Veränderung kann sich zweifach auswirken. Einerseits kann das Transplantat dazu beitragen, dass der Effekt des Transplantats gegenüber der Blutkrebszellen (englisch: Graft-versus-Leukemia) größer wird, wobei es sich um einen gewünschten Effekt handelt, da in diesem Fall die weißen Blutzellen des Spenders die kranken Zellen des Patienten angreifen und abtöten. Andererseits könnte es aber auch zu einem erhöhten Risiko einer neuen Blutkrebserkrankung durch die (mutierten) Spenderzellen führen.

Bei diesem Forschungsprojekt, das durch den Mechtild Harf Research Grant gefördert wird, werden mehr als 650 ältere Spender auf das Vorhandensein einer klonalen Hämatopoese hin genetisch charakterisiert und deren mögliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Patienten nach einer Transplantation untersucht.

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