Zum Tag der Freundschaft am 30. Juli berichten wir über zwei starke Frauen und ihre ganz besondere Beziehung zueinander: Am Anfang verbindet Gina (33) und Trang (29) nur ein gemeinsames Krankenzimmer während der vielleicht schwersten Zeit ihres Lebens.
Schnell entwickelt sich zwischen den Leipzigerinnen, die beide an Blutkrebs leiden, eine tiefe Freundschaft. Sie spenden sich gegenseitig Trost, schauen optimistisch in die Zukunft, lachen viel. Heute geht es beiden gut. Aus ihrer Krankenhauszeit haben sie viele intensive Erfahrungen mitgenommen – und eine Freundin fürs Leben.
Leipzig, Herbst 2022. Auf der onkologischen Abteilung des Leipziger Universitätsklinikums begegnen sich zwei junge Frauen mit derselben bestürzenden Diagnose: AML, akute myeloische Leukämie, Blutkrebs. Doch Minh Trang Do und Virginia Abeso Monsuy teilen nicht nur denselben Schicksalsschlag, sondern auch eine große Portion Optimismus, Kampfesgeist und einen unbändigen Lebenswillen: „Wir haben uns gesagt, dass wir auf jeden Fall wieder gesund werden. Diese Krankheit nimmt uns nicht die Zukunft“, erzählt Trang.
Und so beginnt ein intensiver gemeinsamer Monat auf Station F 4.1. Wenn die eine einen schlechten Tag hat, baut die andere sie wieder auf. Sie, die vom Typ her kaum unterschiedlicher sein könnten, reden über alles – und haben einen Menschen an ihrer Seite, der exakt nachvollziehen kann, wie sehr ein Eingriff wie eine Knochenmarkpunktion schmerzt oder wie belastend die Aussicht auf die bevorstehende Isolation für den Zeitpunkt der Stammzelltransplantation ist.
„Am härtesten war es, unsere Familie und Freunde leiden zu sehen, weil wir wussten, wir verursachen dieses Leid“, erzählt Trang. „Vor ihnen haben wir die Dinge deshalb auch schon einmal ein kleines bisschen positiver dargestellt. Zu zweit konnten wir dann den ganzen Frust rauslassen.“
Aber: Vor allen Dingen konzentrieren sie sich auf eine positive Einstellung, sagen bedingungslos „ja“ zum Leben und blicken gemeinsam nach vorn, die Genesung stets fest im Blick. „Das Personal hat auf unserem Zimmer immer etwas zu lachen gehabt. Manchmal wurden wir sogar gebeten, leiser zu lachen. Dabei gab es auch durchaus Momente, in denen uns nicht zum Lachen zumute war“, sagt Trang. „Und trotzdem haben wir nie den Mut verloren“, sagt Gina.
Und noch etwas passiert: Plötzlich ist da noch jemand, um deren Gesundheit sie bangen, deren Leid sie miterleben, bei der sie sich aber auch gleichzeitig über jeden kleinen Schritt vorwärts unbändig freuen. „Ich habe so mitgefiebert, als es bei Trang etwa einen Monat vor mir auf die Transplantationsphase zuging“, erzählt Gina.
Weil beide Frauen einen besonderen ethnischen Hintergrund haben – Trangs Eltern stammen aus Vietnam, Gina ist deutsch-mosambikanischer Abstammung – wissen sie: Die Suche nach einer passenden Spenderin oder einem passenden Spender könnte für beide sehr schwierig werden. Gemeinsam mit uns stellen Freunde und die Familie von beiden Registrierungsaktionen auf die Beine. Mehr als 1.200 Personen lassen sich dabei in die Datei aufnehmen.
Als Trang die Nachricht erhält, dass eine Person für sie gefunden wurde, freut sie sich riesig – und hat zugleich nur einen einzigen Wunsch: dass auch bei Gina der Sechser im Lotto bald gefunden werden möge.
Und weil das Krankenhaus wie ein „U“ aufgebaut ist, können sich Trang, Bereichsleiterin in der Logistik, und Gina, die im Fanshop des Erstligisten RB Leipzig arbeitet, auch noch „sehen“, als sie sich kein Zimmer mehr teilen. Sie tauschen sich weiterhin regelmäßig aus, wissen schon jetzt: Auch nach dieser Zeit werden sie Freundinnen bleiben. Schon jetzt fühlen sie sich tief miteinander verbunden.
Am Tag von Trangs Entlassung wird Gina auf der Transplantationsstation aufgenommen. Sie bekommt ausgerechnet Trangs ehemaliges Zimmer. Das gibt Gina ein Gefühl von Sicherheit. „Ich dachte, das muss ein gutes Zeichen sein, denn Trang hat es hier auch schon geschafft“, sagt sie.
Auch heute noch sehen sich die beiden ehemaligen Zimmernachbarinnen regelmäßig. „Das sind immer ganz besondere Treffen“, sagt Trang. Wir gehen etwas essen, trinken, häufig auch eine Runde spazieren. Das ist etwas, das wir vorher nicht gemeinsam machen konnten.“ „Unsere Freundschaft ist Balsam für die Seele“, ergänzt Gina. „Ich fühle mich mit wenigen anderen Menschen so stark verbunden.“
Beide stehen in vorerst noch anonymem Kontakt zu den Personen, die ihnen das Leben gerettet haben. Ginas Spender ist männlich, um die 20 Jahre alt und stammt aus Deutschland. Bei Trang ist es eine US-Amerikanerin, die sich registriert hatte, weil ihre Mutter eine Stammzellspende benötigte. „Wenn ihre Mutter nicht erkrankt wäre, hätte ich vielleicht keine Chance auf Überleben gehabt.“
„Und wenn wir nicht krank geworden wären, hätten drei andere Personen es vielleicht nicht geschafft“, sagt Gina. Denn aus den Registrierungsaktionen im Namen der Leipzigerinnen sind schon drei Personen hervorgegangen, die einem anderen Menschen irgendwo auf der Welt eine zweite Lebenschance geschenkt haben. Dieser Gedanke berührt Gina und Trang sehr. „Ich werde sehr emotional, wenn ich daran denke“, sagt Trang.
Beide möchten ihren Spender und ihre Spenderin unbedingt nach Ablauf der in Deutschland geltenden zweijährigen Anonymitätsfrist kennenlernen. Und so vielleicht durch die Krankheit eine weitere bereichernde, ganz spezielle Freundschaft aufbauen.
Bis es soweit ist, konzentrieren sich die beiden Frauen auf die schönen Dinge im Leben – einem Leben, das sie heute noch so viel mehr genießen als vor der Diagnose. Und sie pflegen ihre so besondere Freundschaft: „Wir wissen, gemeinsam sind wir stark und können alles schaffen!“ Wir freuen uns, dass Gina und Trang uns an der beeindruckenden Geschichte ihrer Freundschaft haben teilhaben lassen!