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In der Schaltzentrale der Hoffnung

Es ist eine Aufgabe, bei der es um Leben und Tod geht. Jeden Tag aufs Neue. Jeden Morgen fährt das Team der Sucheinheit und des Klinischen Labors des DKMS Life Science Labs in Dresden die Rechner hoch und schauen, welche neuen Mails und Suchanfragen über Nacht in den Postfächern gelandet sind.

17.04.2017

Jeden Tag suchen die Mitarbeiterinnen sinnbildlich die Nadel im Heuhaufen. Denn hinter jedem Suchauftrag steckt das Schicksal eines Menschen, der einen passenden Stammzellspender finden muss, um weiterleben zu dürfen.

Jeder im Team weiß, mit wie vielen Hoffnungen jede neue Suchanfrage für einen Blutkrebspatienten verbunden ist. Insbesondere wenn es sich um Suchen für Patienten handelt, denen im Wettkampf mit ihrer lebensbedrohlichen Krankheit nicht mehr viel Zeit bleibt. „Genau das ist es, was die Motivation im Team immer wieder befeuert. Das manchmal scheinbar Unmögliche möglich zu machen, ist unser täglicher Ansporn“, sagt Monika Füssel, die als Biochemikerin bereits dabei war, als die Sucheinheit und das Klinische Labor 1996 als Teile des Instituts für Immunologie der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden gegründet worden waren. Seit 2004 sind sie eine Abteilung des DKMS Life Science Lab – einem der weltweit größten und angesehensten HLA-Typisierungslabors.

Vorn (v.l.): Jadwiga Stolle und Heike Platz; hinten (v.l.) Doreen Nitsche, Gabi Schneider, Dr. Monika Füssel, Miriam Matthes und Ute Sohn

Die Suchaufträge kommen aus ganz Deutschland, mitunter auch aus dem Ausland, z. B. aus Minsk in Weißrussland. Die meisten jedoch direkt aus der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, nur wenige Meter Luftlinie von der Sucheinheit entfernt. Die Ausgangslage ist dabei immer gleich: Ein Patient ist an Blutkrebs erkrankt und benötigt eine Stammzelltransplantation. Zuerst werden seine Gewebemerkmale typisiert, danach wird im engsten Familienkreis nach einem geeigneten Spender gesucht. Dabei ist die Chance, einen passenden Familienspender zu finden, unter Geschwistern am höchsten. Sie liegt bei 25 Prozent. Das Team des Klinischen Labors typisiert die Patienten und deren Familienangehörige in kürzester Zeit. Findet sich in der Familie kein passender Spender, wird vom behandelnden Arzt eine Suche nach einem unverwandten Spender (eine sogenannte Fremdspendersuche) initiiert. Ab hier kommt die Sucheinheit ins Spiel, die die Suche erst deutschlandweit und bei Bedarf auch weltweit durchführt.

Jede Suche ist spannend und kann kompliziert sein. Zwischen Spender und Patient sollen zehn Gewebemerkmale übereinstimmen. Aber diese Merkmale liegen nicht unbedingt von jedem Spender vollständig vor. „Dann heißt es für uns, über das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD), das in Kontakt mit den Spenderdateien steht, eine erneute Blutabnahme anzufordern, damit die Gewebemerkmale genauer aufgeschlüsselt werden“, erklärt Suchkoordinatorin Heike Platz.

Täglich werden Tausende von Proben im DKMS Life Science Lab ausgewertet.

Im Rahmen der Suche nach einem unverwandten Stammzellspender suchen die Mitarbeiterinnen der Abteilung in den gängigen Datenbanken und stehen im engen Austausch mit den zuständigen Ärzten der Transplantationszentren und dem Zentralregister. Weltweit sind inzwischen mehr als 30 Millionen potenzielle Stammzellspender registriert. DKMS Spender bieten einen besonderen Vorteil bei der Suche: „Aufgrund der hervorragenden Auflösung der HLA-Merkmale und weiterer zusätzlicher Marker unserer Spender können wir diese oft sofort zu einer Bestätigungstypisierung bestellen“, weiß Mitarbeiterin Doreen Nitsche, ebenfalls Suchkoordinatorin. Diese Typisierung ist vor jeder Stammzellentnahme zwingend erforderlich und gibt letzte Klarheit über die Übereinstimmung des Spenders mit dem Empfänger. Wenn es schnell gehen muss, wird diese hochaufgelöste Gewebemerkmalstypisierung in 24 Stunden erledigt. „Während des gesamten Prozesses stehen wir in engem Kontakt mit den behandelnden Ärzten an den Transplantationszentren, die uns mit der Suche beauftragen, und liefern ihnen möglichst mehrere geeignete Spender. Welcher Spender ausgewählt wird, entscheiden letztlich die Ärzte“, erklärt Monika Füssel.

In Deutschland gibt es insgesamt 18 Sucheinheiten, die geeignete Stammzellspender für Blutkrebspatienten suchen. Eine davon ist die Sucheinheit der DKMS in Dresden. Eine Sucheinheit ist meist an einer Universität oder einem Institut für Transfusionsmedizin angesiedelt. Sie ist eine organisatorische Einheit, die in Kontakt mit den behandelnden Ärzten, einem HLA-Labor und dem Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) für die Suche nach einem unverwandten Spender verantwortlich ist. 2016 wurden in Deutschland insgesamt 2.588 Fremdspendersuchen durchgeführt. Aktuell stehen weltweit über 30 Millionen HLAtypisierte potenzielle Spender zur Verfügung.

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